“Zeppelin - Das Musical“ - Füssen

Veröffentlicht am 31. Juli 2022 um 12:37

In Füssen im Festspielhaus Neuschwanstein vor einer atemberaubenden Kulisse ist das imposante “Zeppelin - Das Musical“ zu sehen, das die Zuschauer mit auf eine aufregende, historische Reise ins anfängliche 20. Jahrhundert nimmt.

 

Besuchte Vorstellung: 22.07.2022 19:30

 

Mit Originalaufnahmen der insgesamt 245 Meter langen Hindenburg begann dieses Musical, das die mitreißende Geschichte von Ferdinand Graf von Zeppelin und die Erfindung seines unfassbaren Luftschiffs erzählte sowie von dem katastrophalen Absturz der Hindenburg in Amerika im Jahr 1937 berichtete.

 

Das Stück unter der Regie von Benjamin Sahler zeigte alles, was in einem Musical möglich ist. Von Akrobatik und Hebebühnen über Wasser auf der Bühne und einer kleinen Hindenburg, die von der Bühne aus kurzzeitig über den Köpfen der Zuschauer schwebte, bis hin zu einem auf die Bühne fahrenden Oldtimer und einem echten Hund - die Zuschauer bekamen das ganze Stück über viel Spektakel geboten. Nach dem nachgestellten Absturz der damaligen Hindenburg mit 97 Menschen an Bord wurde dann sogar eine Schweigeminute für die 35 Opfer an Bord und das eine Opfer der Bodenmannschaft eingelegt.

Das Herzstück des Bühnenbildes unter der Verantwortung von Barbara Fumian stellte ein nachgestelltes Fragment des Metallgerippes der Hindenburg dar. Doch war am Anfang des ersten Akts in der Seidenfärberei, in der sich die ausgebeuteten Arbeiter bereits gegen die Missstände erhoben, auch ein Spiel mit herabhängenden, eingefärbten Stoffbahnen zu erleben und oft wurde das Flair der entsprechenden Zeit nicht nur im Bühnenbild erfolgreich eingefangen, sondern auch in den zahlreichen, historischen Kostümen, die Raphaela Dürr und Lisa Rietzler zu verantworten hatten. Die Frage, warum die Nationalsozialistinnen ziemlich knappe, glitzernde Uniformen trugen, blieb jedoch ungeklärt.

 

Auf der Bühne herrschte eine angenehme, narrative Dynamik, während das Musical in der Zeit vor und zurück sprang zwischen der Lebensgeschichte von Ferdinand Graf von Zeppelin und der Geschichte des Absturzes der Hindenburg und deren unterschiedlichen Passagieren und Crewmitgliedern - eine von den Nazis verfolgte, österreichische, jüdische Sängerin mit ihrem Pianisten, ein extravaganter Akrobat, eine amerikanische Familie, eine amerikanische Reporterin, eine deutsche Frau, die noch auf der Reise zur Witwe wurde, eine bekannte Schauspielerin mit ihrem deutschen Mann, der mit Goebbels bekannt war, um nur einige zu nennen. 

Die Choreografien von Stefanie Gröning, die an dem Abend auch die Rolle der Isabella Gräfin von Zeppelin übernommen hatte, unterstützten die Erzählung der Geschichte mit lebendigen Showtänzen in der Manie der damaligen Zeit oder auch Marionettenbewegungen der deutschen Soldaten.

Das Kriegsthema, Nazideutschland und dessen Auswirkungen wurden im ganzen Stück überaus präsent gestaltet, beispielsweise mit Truppenmärschen, willkürlichen Passkontrollen, Judenverfolgung und -Anfeindung und Hitlergruß.

 

Das Buch, was das Publikum auf die spannende Reise in die Vergangenheit des Grafen von Zeppelin und seines Luftschiffs mitnahm, stammte vom Autoren und Historiker Hans Dieter Schreeb.

Die Musik und die Liedtexte trugen die eindeutige Handschrift des deutschen Musikers, Musikproduzenten und Komponisten Ralph Claus-Peter Siegel, der bei der besuchten Vorstellung anwesend war und beim Schlussapplaus auf die Bühne geholt wurde. Überdies wurden einige Liedtexte und Textstellen in englischer Sprache geschrieben und gesungen. Dennoch vermisste man den Ohrwurmcharakter bei den meisten Liedern, mit Ausnahme von zwei Titeln, “Die Hindenburg“, was immer wieder als musikalisches Thema erkennbar war, und  “Ich hab gelebt“.

Am besuchten Vorstellungsabend war Dr. Konstantinos Kalogeropoulos der Dirigent des zwölfköpfigen Orchesters, das die Musik dem Publikum mit durchdringendem Klang präsentierte.

Schade war, dass es manchmal eine Übersteuerung der Musik gab, sodass es schwer war, die Künstler auf der Bühne zu verstehen. Dies wurde jedoch im zweiten Akt etwas ausgeglichener.

 

Das gesamte Ensemble belief sich insgesamt auf 51 Künstler, inklusive der Kinderdarsteller, dem Tanzensemble, dem Extraensemble und den Statisten.

Auffallend war jedoch, dass der Chor am Ende von den Liedern die Phrasen nicht deutlich absprach, beispielsweise im Vergleich zum Chor von “Die Eiskönigin - Das Musical“ in Hamburg.

 

Der visionäre Luftschiff-Erfinder Ferdinand Graf von Zeppelin wurde von Patrick Stanke mit vollster Überzeugung verkörpert und mit seinem auffallend angenehmen Timbre gefühlvoll gesungen. Eines der traurigen Highlights war die berührende Sterbeszene, bei der der Graf von Zeppelin vor der vollständigen Beendigung seiner Arbeit seiner Lungenentzündung erlag, mit dem hier bereits erwähnten Gänsehaut-Lied “Ich hab gelebt“.

Insbesondere darstellerisch sehr positiv aufgefallen war Tanja Petrasek, welche die aufsässige, österreichische, von den Nazis drangsalierte und verfolgte Jüdin Emmy Berg authentisch verkörperte. 

Doch auch Mathias Edenborn als Emmys Pianist Paul Stiller stand ihr bei der Darstellung seiner Rolle natürlich in nichts nach. Er hat besonders gesanglich mit seiner kraftvollen Stimme eine beachtliche Leistung dargeboten.

Ebenfalls positiv aufgefallen war der Bariton Florian Soyka in der Rolle des strengen, aufbrausenden, loyalen Deutschen Lutz Grivius.

Die Schauspielerin Lilli van Hoeven wurde von Josefien Kleverlaan gekonnt dargestellt und gesungen und begeisterte im zweiten Akt mit einem ausdrucksstarken Tanz.

Mit ihrer durchdringenden, amerikanischen Stimme überzeugte auch Holly Hylton in ihrer Rolle der New Yorkerin Kathy Wigman.

Ebenso besonders zu erwähnen war der Kinderdarsteller Yoni Rona, der als Jimmy Cagney seine Rolle dem Publikum mit Spaß und Energie darbot.

 

Das gesamte Ensemble hat an dem besuchten Abend eine eindrucksvolle Leistung erbracht. Der langanhaltende Schlussapplaus sowie der laute Jubel und die Standingovations sprachen für sich.

 

“Zeppelin - Das Musical“ ist ein sehenswertes Stück für alle Musical- und Ralph Siegel-Fans, die gerne einen Abend mit vielen Spektakeln und einer authentischen und tragisch ausgehenden, historischen Geschichte erleben möchten.