“Die Eiskönigin - Das Musical“ - Hamburg

Veröffentlicht am 15. Juni 2022 um 12:32

Vom Disney-Film zum Musical - eine weitgehend beeindruckende Adaption.  “Die Eiskönigin - Das Musical“ ist ein zauberhaft, aufwendig gestaltetes, amüsantes und mitreißendes Stück für die ganze Familie mit vielen technischen Raffinessen, jedoch auch mit einigen Ungereimtheiten.

 

Besuchte Vorstellung: 11. Juni 2022 19:30

 

Einst im 19. Jahrhundert gab es das fiktive, von der norwegischen Stadt Arendal inspirierte, kleine Königreich Arendelle, in welches die Zuschauer des Musicals eingeladen wurden.

Die beiden charakterlich grundverschiedenen Prinzessinnen und Schwestern Elsa und Anna als Kinder, die bei der besuchten Vorstellung von Ava und Stella mit Bravour verkörpert und gesungen wurden, wuchsen zunächst vollkommen unbeschwert und glücklich auf. Doch eines Tages gab es einen verheerenden Unfall mit Elsas unkontrollierbaren Eiszauberkräften, wodurch Anna eingefroren wurde. Anna konnte von den Zaubertrollen Bulda und Pabbie, die hier von Kimberly Thompson und David Negletto überzeugend gespielt und gesungen wurden, gerettet werden, doch danach war nichts mehr so wie es mal war. Pabbie ließ die kleine Anna die Zauberkräfte ihrer Schwester vergessen, die sich fortan zurückzog und selbst einsperrte. Die Tore wurden von ihren Eltern, Königin Iduna (hier Lani Sumalinog) und König Agnarr (hier Dominik Doll) verschlossen. Die Königin und der König kamen dann bei einer Schiffsreise, die eigentlich Antworten auf Elsas vermeintlich gefährliche Kräfte geben sollte, um ihr Leben. Deswegen mussten Anna, die den Rückzug ihrer Schwester wegen fehlender Erinnerung nicht verstehen konnte, und Elsa, die die zukünftige Königin von Arendelle sein würde, ohne Eltern aufwachsen. 

Als Anna (Celena Pieper) einige Jahre später bei der Krönungszeremonie ihrer Schwester den vermeintlich perfekt zu ihr passenden Prinzen Hans, der bei der besuchten Vorstellung von Marlon Wehmeier übernommen wurde, kennenlernte, verlobte sie sich ohne weitere Bedenken mit ihm und als die erwachsen gewordene Elsa (Sabrina Weckerlin), die mit ihren eingeschlossenen Gefühlen haderte, davon erfuhr und es untersagte, artete es in einem Streit zwischen den beiden Schwestern mit fatalen Folgen aus. Elsa verlor die Kontrolle über ihre Kräfte, wodurch sie Arendelle in einen unerbittlichen Winter stürzte, und floh schließlich voller Panik, von allen außer Anna für ein Monster gehalten, auf den Nordberg. So begann Annas abenteuerliche Suche nach ihrer Schwester, wobei sie von Kristoff (Benet Monteiro) und dessem Rentier-Freund Sven (hier Paolo Ava) begleitet wurde sowie von dem Schneemann Olaf (hier Manuel Lopez), der stets für einen Lacher in Publikum sorgte und von Anna und Elsa als Kinder gebaut und nun zum Leben erweckt wurde.

Das Bühnenbild, beispielsweise mit der verzierten Holzfassade am Bühnenrand sowie den majestätischen Szenenbildern, und die an den Film angelehnten, aber etwas abgewandelten Kostüme, beides von Christopher Oram, gaben diese Welt einen glaubhaften, teilweise auch einen leicht skandinavischen Touch, sodass es, trotzdem es eigentlich eine animierte Disney-Welt war, auch in der Realität auf einer Bühne gut funktionieren konnte. Besonders beeindruckend war das Eisschloss, das mit viel Liebe zum Detail auf die Bühne gebracht wurde.

Schon zum Beginn kamen viele faszinierende Spezialeffekte, von denen an dieser Stelle noch nicht zu viel verraten wird und die Jeremy Chernick zu verantworten hatte, zum Einsatz sowie 3D-Videoeffekte (Finn Ross), Soundeffekte (Peter Hylenski) und Lichtspektakel (Neil Austin). Dies bewirkte, dass die Bühne scheinbar wahrhaftig zu Schnee und Eis werden konnte. In dieser Hinsicht fiel beispielsweise auch das effektreiche Einfrieren von Arendelle oder auch die Entstehung des Eisschlosses sehr positiv auf, wo dieses Zusammenspiel die erwünscht frostige Wirkung erzielte.

Unterstützt wurde die berühmte Geschichte ebenso mit allzeit lebendigen und vom Ensemble genau ausgeführten Choreografien von Rob Ashford, die auch manches Mal mit Standbildern und Zeitlupen das Geschehen auf der Bühne interpretierten und unterstützten. 

Auch das an dem Abend neunköpfige Orchester unter Dirigent Aday Rodriguez Toledo spielte die teilweise bekannte Musik mit Leidenschaft.

 

Nur den Dialogen schien es manches Mal ein wenig an Substanz zu fehlen, trotz offensichtlich herbeigeführter Lacher aus dem Publikum, was zur Charakterbildung der Figuren eher weniger beitrug. 

Auch darf man den Zweifeln nachgeben, ob es kindgerecht ist, wenn Anna zum Anfang des Stücks eine Männerbüste sehr intensiv und dermaßen offensichtlich anschmachtet und berührt sowie dann etwas später auch Prinz Hans. 

Ebenso vermittelte die Krönungszeremonie von Elsa als solche keine feierlich majestätische Stimmung, sondern wirkte eher wie ein Volksfest.

Einige Lieder und Lyrics wurden für dieses Musical von Kristen Anderson-Lopez und Robert Lopez leicht verändert bzw. auch dazu-komponiert, da die Lieder des Disney-Films nicht für ein komplettes Musical ausreichten. Das hat bei einigen Liedern wie “Monster“ gut funktioniert, Andere wie “Hygge“, das von David Boyd als Oaken interpretiert wurde, warfen jedoch Fragezeichen auf.

 

Schade war es, dass Lanie Sumalinog als Königin Iduna durch ihren philippinischen Akzent etwas schwerer zu verstehen war. Weiterhin zu bemerken war, dass Marlon Wehmeier als Prinz Hans stimmlich etwas angestrengt klang, wobei dies seinem Schauspiel, Tanz und Gesang jedoch absolut keinen Abbruch tat.

 

Besonders hervorzuheben waren unter anderem der Musicaldarsteller Manuel Lopez und der Akrobat Paolo Ava, die die Puppe von Olaf bzw. das Tierkostüm von Sven wahrhaftig auf der Bühne zum Leben erweckten. Manuel Lopez als Olaf beeindruckte außerdem noch mit Stepptanz.

Die ehemalige “The Voice of Germany“-Kandidatin Celena Pieper stellte die verpeilte Anna überaus glaubhaft dar, wobei es manchmal fast schon einen kleinen Ticken übertrieben schien, begeisterte dafür aber auch umso mehr mit gesanglicher Souveränität. 

 

Sabrina Weckerlins darstellerische und gesangliche Leistung als Elsa grenzte, abgesehen von einer Unsicherheit bei der Intonation gegen Ende des Duetts “Du bist alles“, an beispielloser Perfektion. Sie beeindruckte mit ihrer kraftvollen Stimme und ihrem warmen Timbre unter anderem besonders bei „Gefährlich, wenn man träumt“, “Lass jetzt los“ und “Monster“.

 

Es war bei der besuchten Vorstellung ein überaus talentierter Cast mit unglaublicher Präzision, sodass man beinahe das Gefühl bekam, man würde sich die offizielle Aufnahme des Musicals anhören. 

Die Standingovations und der andauernde Jubel beim Schlussapplaus waren mehr als gerechtfertigt und verdient.

 

“Die Eiskönigin - Das Musical“ ist ein grandioses Stück mit überaus viel faszinierenden Bühnenzauber, das nicht nur für Kinder oder Disney-Fans absolut sehenswert ist und über dessen kleine Schwächen man sehr gerne hinwegsieht.